Freundeskreis Expressiver Realismus

Sammlung Joseph Hierling

Der Sammler Joseph Hierling

Der 1942 in München geborene Sammler Joseph Hierling erlernte den Beruf des Fernsehkameramanns und wurde später Leiter der Film- und Fernsehproduktion beim Bayerischen Fernsehen. Politisch engagierte er sich zeitweise als Vorsitzender der Gewerkschaft Kunst in Bayern. Seine Sammler-Biographie wurde von inspirierenden Begegnungen etwa mit dem Maler Rudolf Büder oder dem Kunsthistoriker und Galeristen Richard Hiepe geprägt. Von 1981 bis 1994 präsentierte Hierling in seiner Galerie in der Münchner Georgenstraße 85 in Einzelausstellungen Werke von gegenständlich arbeitenden Künstlern der Zwischenkriegsjahre in Deutschland. Das kunsthistorische Fundament dazu schuf 1980 der Kunsthistoriker Rainer Zimmermann mit seinem Buch über die deutsche Malerei des Expressiven Realismus. Gemeinsam gründeten Hierling und Zimmermann den „Förderkreis Expressiver Realismus“ und 1993 ein Museum gleichen Namens in Kißlegg/Allgäu, das bis 2005 bestand und 23 Sonderausstellungen zeigte. Aus dieser intensiven Kenntnis von Kunst und Künstlern mit expressiv realistischer Grundhaltung erwuchs im Laufe eine bedeutende Sammlung, die von 2009 bis 2019 in der Kunsthalle Schweinfurt gezeigt wurde. Inzwischen hat die Sammlung Joseph Hierling eine neue Heimat im Buchheim Museum in Bernried am Starnberger See gefunden. Es finden hier regelmäßig Sonder- und Wechselausstellungen statt.

Expressiver Realismus - Kunst der „verschollenen Generation“

Das 20. Jahrhundert ist durch eine Vielzahl von Krisen und Kriegen geprägt worden, die in den beiden Weltkriegen sowie dem sogenannten Kalten Krieg zwischen den großen Machtblöcken kulminierten. Zu Beginn des Jahrhunderts hatte der Expressionismus einen völlig neuen Blick auf die Welt eröffnet. Weitere stilistische Erscheinungen der folgenden Jahrzehnte werden unter anderem mit Neue Sachlichkeit, Surrealismus oder Informel bezeichnet. Wichtige Künstler der um 1900 geborenen Generation haben jedoch seit etwa 1925 „aus dem Expressionismus etwas Neues, anderes gemacht“ (Rainer Zimmermann), indem sie sich das Formenvokabular der Klassischen Moderne zunutze machten. Sie fanden dadurch zu einer malerischen Grundhaltung, die sich mit dem Begriff Expressiver Realismus zusammenfassen lässt. Ein großer Teil der solcherart gegenständlich arbeitenden Künstler wurde zwischen 1933 und 1945 von den Nationalsozialisten ins Abseits gedrängt und durch Krieg und Gefangenschaft – oder gar Verfolgung - vielfach ihrer bürgerlichen Existenzgrundlage beraubt. Nach dem II. Weltkrieg wurden aus politischen Gründen im Westen abstrakte beziehungsweise informelle Ausdrucksformen und im Osten der sogenannte sozialistische Realismus gefördert. Expressiv-realistisch schaffende Künstler und ihre kunstgeschichtliche Leistung wurden in der breiten Öffentlichkeit kaum noch wahrgenommen, was sie zur „verschollenen Generation“ werden ließ. Erst seit den achtziger Jahren hat wieder eine Auseinandersetzung mit der Kunst des Expressiven Realismus begonnen.
Künstler des Expressiven Realismus